Ein kleiner aber feiner Schrein (beinahe) am Wegesrand 👹🍣🎎 Mein Japan
Wie ich hier an dieser Stelle schon so einige Male geschrieben, habe ich es auf meinen Wegen nicht immer so eilig, sondern lasse mir lieber mal etwas Zeit. Und wenn möglich, plane ich sogar ganz gerne mal einen kleinen Umweg oder Abstecher ein, um zu schauen, ob es nicht etwas interessantes zu entdecken gibt.
Im Alltag kommt es natürlich nicht allzu oft vor, dass dazu ich die Gelegenheit habe, aber ab und zu schaffe ich es zum Glück dann doch, auch auf mir vertrauten Wegen etwas Neues zu erkunden. Dabei lasse ich mich meist von meiner Nase leiten, welche ein ziemlich gutes Gefühl dafür zu haben scheint, wohin sie mich zu führen hat.
Und so kam es dann eines schönen Tages, dass ich die Gelegenheit genutzt habe, und auf dem Rückweg nach Hause noch einen der gerade erwähnten Abstecher eingelegt habe. Bei meinen Fahrten habe ich von der Schnellstraße aus immer wieder diesen einen kleinen Hügel gesehen, auf dem in Mitten ganz viel Grün ein kleiner Schrein zu stehen scheint. Da man von der Schnellstraße nicht mal schnell abbiegen kann, habe ich diesen Schrein bisher immer nur von Weiten gesehen, aber mir jedes Mal vorgenommen, eines Tages dort persönlich vorbei zu schauen.
Und nun war dieser Tag gekommen, und kleine, enge Straßen hatten mich letztendlich dann auch recht zügig genau vor den Eingang dieses Schreines geführt. Dort stand ich nun und warf von der Straße aus einen ersten Blick auf den kleinen grünen Hügel vor mir, wo ein kleines steinernes Toori, den Weg zu dem dort oben versteckten Schrein wies.
Ein Schild an der Seite gab nähere Erklärungen, wo wir hier nun waren:
Kirio-yama-Schrein
Dieser Schrein auf dem Hügel ist Ōkuninushi-no-mikoto, Ōyamakui-no-mikoto und Sarutahiko-no-mikoto gewidmet. Er soll in der Wadō-Ära (708–715) gegründet worden sein.
Lange Zeit wurde er als Gottheit verehrt, die Insekten abwehrte. In Zeiten, in denen es noch keine Pestizide gab, kamen Menschen aus weit entfernten Dörfern hierher, um Sand unterhalb der Haupthalle zu sammeln und ihn auf ihren Reisfeldern zu verstreuen.
Auch Legenden gibt es hier zuhauf: Eine erzählt von drei Pferden – einem goldenen, einem silbernen und einem bronzenen –, die jeden Abend den Schrein besuchten. Als ein Jugendlicher eines der Pferde am Schwanz packte, schnitt es sich den Schwanz ab und floh, woraufhin das Dorf den Namen Kiri-o (was „abgeschnittener Schwanz” bedeutet) erhielt.
Eine andere Legende erzählt, wie Diebe die kostbare Schriftrolle „Namu Amida Butsu” aus dem Schrein stahlen, die von Shinran handgeschrieben war, und sie am Katsura-Pass in Iwafune wegwarfen. Der Gründerpriester des Saiganjiji-Tempels (Shimami-cho, Kita-Ward), Eigen, folgte jedoch einer Eingebung aus einem Traum, besuchte den Ort, holte sie zurück und machte sie zum Schatz des Tempels.
Diese Legenden sind bis heute erhalten geblieben, und der Schrein wird von der örtlichen Gemeinde nach wie vor geschätzt. Die Schriftrolle mit den Worten „Namu Amida Butsu“ wird noch immer sorgfältig im Saiganjiji-Tempel aufbewahrt.
März 2017 (Heisei 29)
Nun ja, als ich hier vor dem Toori stand, waren mir diese Informationen noch unbekannt, doch trotzdem freute ich mich auf die kleine Runde, die nun vor mir lag. Ein schöner Tag ging gerade seinem Ende, aber die untergehende Sonne sorgte noch einmal für wundervolle Lichtverhältnisse, die einladender nicht sein konnten.
Auf ging es also, und schon stehen wir vor der kleinen Treppe, die geradewegs rein ins Grüne führt. Nachdem ich kurz gestoppt und mich noch einmal umgesehen hatte, ging es auch mit beschwingten Schritt auch sofort weiter nach oben.
Dort angekommen, bot sich mir dann folgender Blick. Auf einer kleinen Lichtung, standen vorne zwei steinernde Tooro-Laternen, wie man sie in fast allen Tempeln und auch Schreinen in Japan finden kann.
Gleich dahinter befand sich ein kleines steinerndes Becken, welches wie üblich zur rituellen Handreinigung genutzt wird. Oft sind diese Becken recht kunstvoll gestaltet, aber wie abzusehen, war hier alles ein wenig schlichter.
Und auch wenn das Hauptgebäude natürlich nicht so prunkvoll aussah, wie bei den berühmten Schreinen in Kyoto und Tokyo, war ich keineswegs enttäuscht. Genau so sehen die meisten Schreine eben aus, vor allem wenn sie sich außerhalb der Städte auf dem Land befinden wie dieser hier. Ein kleines Holzgebäude birgt das Heiligtum, und zum Schutz vor Wind und Wetter wurde dieses von außen noch mit Plastikwänden verstärkt. Da es hier im Winter ordentlich schneit und ziemlich stürmisch werden kann, verstehe ich dieses Maßnahme sehr.
Jetzt stehen wir direkt vor dem kleinen Hauptgebäude und werfen einen Blick auf die geschlossene Schreintür. Diese wird nur zu genaz bestimmten Anlässen, wie zum Beispiel an Neujahr geöffnet, wenn Besucher dann auch einen Blick ins Innere werfen können.
Die geflochtene Kordel mit der weißen Quaste nennt man Suzu-o 鈴緒, und diese hier scheint noch recht neu zu sein. Bei einem Schreinbesuch soll man kräftig an dieser Kordel ziehen, um die metallene Glocke darüber zu läuten. Dies soll wenn man betet die Aufmerksamkeit der hier lebenden Kami erregen. Aber ich denke, die Kami dieses Ortes haben mich eh bereits kommen sehen, obwohl ich bei meinem Besuch recht leise gewesen bin.
Hier sehen wir die kleine Glocke, die einen eher scheppernen Ton von sich gibt. Dahinter sehen wir noch einen ein Schild mit dem Namen des Schreins, vor dem wir hier gerade stehen.
Direkt neben dem Hauptgebäude steht ein kleines rotes Toori, wohinter sich ein noch kleinerer Altar befindet. Die Farbe Rot ist bei vielen japanischen Schreinen omnipräsent, und auch hier bei diesem Schrein war ihr strahlenden Leuchten schon von Weitem zu sehen.
Denn gleich direkt daneben war eine kleine Lücke in all dem Grün hier auf dem Hügel, und man konnten einen Blick auf die Siedlung dort unten werfen, von der man dann eben auch genau dieses rote Tor sehen konnte.
Und auch von der Schnellstraße kann man das rote Tor gut erkennen, von wo auch ich es schon sehr oft erspähen konnte. Und genau deshalb wollte ich ja immer auf diesen Hügel hinauf, was ich ja nun endlich einmal realisieren konnte.
Nachdem ich noch einmal um das Schreingebäude herumgelaufen war, kam auch schon der Zeitpunkt, um sich wieder auf den Rückweg zu machen. So viel zu sehen gab es hier oben ja nicht, aber ich lies mir gan bewusst etwas Zeit, um die Stimmung von diesem Ort aufzunehmen. Ich war ja ganz alleine hier, was das Ganze noch interessanter und intensiver machte, und mich wieder einmal ganz nah ran brachte an den Puls des Landes.
Und schon stehen wir wieder vor der kleinen Treppe, die ich vor ein paar Minuten hochgelaufen bin. Ich drehte mich noch einmal um und blickte zurück, bevor es dann die Stufen nach unten ging.
Ein wenig war es hier wie mitten in der Natur und es machte richtig Spaß, durch dieses kleine grüne Wäldchen zu laufen. Auch wenn hier wohl meist nicht ganz so viele Besucher herkommen, wirkte die Anlage doch sehr gepflegt und einladend.
Und schon waren wir wieder unten. Direkt um den kleinen Hügel befinden sich Felder und eine kleine Siedlung, und man spürt sofort, dass hier auf dieser Seite das große und moderne Japan ziemlich weit weg zu sein scheint. Aber genau dieses Gefühl habe ich zu schätzen gelernt, denn hier ist man dem Herzen dieses wundervollen Landes viel näher als in den lauten und hekischen Städten, und den anderen oft überlaufenden Reisezielen, wo man in den Reiseprospekten findet.
Was soll ich sagen? Ich fühlte mich einfach gut und war froh, diesen kleinen Abstecher gemacht zu haben. Meine kleine Runde hoch zum Kirio-yama-Jinja war genau das, was ich an diesem Tag gebraucht hatte, und wenn ich mal wieder auf der Schnellstraße auf der anderen Seite des Hügel vorbeifahre, werde ich mich genau an diesen kleinen aber feinen Schrein dort oben erinnern. Und ich bin mir sicher, dass sich dabei dann genau das gleiche Lächeln in meinem Gesicht zeigen wird, wie in dem Moment, als ich am Ende noch einmal durch das steinernde Toori geschritten bin. Manchmal ist es alles wirklich ganz einfach...

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